Kategorie: Berufliche Bildung - Perspektiven |
2007-09-23 |
Zwischenruf zur Diskussion ?ber die berufliche Bildung Text Gerhard Endres |
Zwischenruf zur Diskussion ?ber die berufliche Bildung
Sp?testens seit der ablehnenden Stellungnahme aller Wirtschaftsverb?nde zu einem geplanten europ?ischen ?Berufsbildungs-PISA? m?ssten die Mitarbeiter in den Bildungsministerien und die Bildungspolitiker aufgewacht sein. Es scheint so, dass die Kritik an der bisherigen europ?ischen Berufsbildungspolitik ausgesessen werden soll. Wie sonst ist es zu erkl?ren, dass auch auf dem k?rzlich statt gefundenen Berufsbildungskongress des Bundesinstituts f?r Berufsbildung die Diskussion ?ber eine europ?isch koordinierte Berufsbildungspolitik zwar stattfand, aber letztlich eher die Probleme ausgeklammert wurden. Harmonie war angesagt ? ein neues europ?isches Berufsbildungskonzept ohne wenn und aber wurde auf dem Kongress mehrheitlich durchgewunken. In der ?ffentlichen Diskussion wird zumeist verk?ndet, man sei noch nicht so weit, die Konzepte der verschiedenen geplanten europ?ischen Harmonisierungsideen seien erst im Planungsstadium. Noch sei nichts endg?ltig entschieden ? so hei?t es aus dem Bundesbildungsministerium.
Die Fakten:
Der europ?ische Qualifizierungsrahmen (EQR) ist so gut wie beschlossen, die nationalen Qualifizierungsrahmen m?ssen in n?chster Zeit erstellt werden. Diskutiert wird derzeit die Einf?hrung eines Credit-Punkt-Systems f?r die Berufliche Bildung (ECEVET), das sich wahrscheinlich letztlich an dem entsprechenden System der Hochschul-credit-Punkte orientieren wird. Zurzeit wird das Konzept eines europ?ischen "Berufsbildungs-PISA" vorbereitet, dass auf einer Studie f?r das Bundeswirtschaftsministerium in der ?ra Wolfgang Clements aufbaut. Hinzu kommen vehemente Konflikte ?ber die Dauer der Berufsausbildung ? manche Wirtschaftsvertreter wollen eine zweij?hrige Ausbildung, um letztlich auch niedrigere Geh?lter durchsetzen zu k?nnen. Die Forderung nach k?rzerer Ausbildung verbunden mit der Aufteilung der Berufsausbildung in Abschnitten (Modularisierung) k?nnte nach Ansicht der Berufsbildungspraktiker und des Handwerks die wesentlichen Vorteile des deutschen dualen Berufsbildungssystems schw?chen, wenn nicht gar zerst?ren. Das duale Berufsbildungssystem, mit seinem Kern einer engen Verzahnung von betrieblichem und schulischem Lernen, k?nnte Zus?tzlich unter dem Stichwort ?Pluralit?t der beruflichen Bildung? durch ein breites schulisches Berufsbildungssystem geschw?cht werden.
Angels?chsisches Modell als Vorbild
Eine nach angels?chsischem Vorbild orientierte schulische Berufsausbildung w?rde ein Kurssystem beinhalten, dessen Inhalte zertifiziert und akkreditiert werden m?ssten, aber nichts mehr mit einer Berufsausbildung zu tun haben w?rden, die berufliche Fachlichkeit mit Pers?nlichkeitsbildung verkn?pft. Offensichtlich haben sich bisher im Bundesbildungsministerium (BMBF) die Mitarbeiter durchgesetzt, die m?glichst schnell Fakten auf europ?ischer Ebene setzen wollen, damit M?glichst der Prozess einer Verschulung der Berufsausbildung und der damit verbundenen Modularisierung und der Einf?hrung von Zertifizierungs- und Akkreditierungssystemen unumkehrbar wird.
Dazu geh?rt, dass als L?sung f?r den Mangel an Ausbildungspl?tzen eine Anerkennung der derzeitigen Bildungsangebote aus dem ?bergangssystem durch modularisierte und zertifizierte Kurse im Gespr?ch ist. ?ber den Umweg Europa k?nnten diese modularisierten Kurse auch das bisherige erfolgreiche duale Berufsausbildungssystem gef?hrden, dies wird derzeit von den Strategen der bisherigen Konzeption der europ?ischen Berufsbildungspolitik offensiv und durchaus geschickt betrieben. Hinzu kommt, dass einige kommerzielle Bildungsanbieter mit Dumpingangeboten dann noch st?rker in den Berufsbildungsmarkt einsteigen k?nnen. Dann folgt eine schnelle Einf?hrung schulischer Kurzausbildungen und mancher kurzsichtige Manager in den Betrieben k?nnte verlockt sein, sich die durchaus schwierige Ausbildungsarbeit abnehmen zu lassen, ohne allerdings die notwendige Qualit?t erreichen zu k?nnen.
Europa wird von den derzeitigen Bef?rwortern der bisherigen vorgelegten Konzepte einer europ?ischen Berufsausbildung auch im Bereich der Berufsbildung als Vorwand, besser Ausrede verwendet, um endlich die ganzheitliche Bildung aus der Berufsausbildung zu streichen und die schnell verwertbaren Kompetenzen in Kursform je nach Bedarf h?ppchenwei?e auf dem Markt anzubieten.
Man sollte sich auch die indirekten Ergebnisse der europ?ischen Hochschulpolitik genauer ansehen
Nachdenkliche Bildungsexperten sollten sich die derzeitigen Schwierigkeiten beim ?bergang vom Diplom zum Bachelor ?und Magisterabschluss ansehen. Auch die Zerst?ckelung und ?bersichtlichkeit der beruflichen Weiterbildung ist nicht gerade hilfreich f?r Bildungsinteressierte und Personalabteilungen.
F?r Betriebe, die hochqualifizierte und motivierte Fachkr?fte suchen, ist eine Zerst?ckelung und Verschulung einer Berufsausbildung nicht gerade eine zukunftstr?chtige und innovative Vision. Hinzu kommt, dass damit keine Antwort auf fehlende Ausbildungspl?tze und die schnellen Ver?nderungen in der Arbeitswelt gegeben wird. Auch f?r Jugendliche mit Schwierigkeiten, ist eine zerst?ckelte Ausbildung nicht gerade eine verlockende Aussicht, gerade diese Jugendliche suchen die gesellschaftliche Anerkennung durch eine abgeschlossene dreij?hrige Berufsausbildung.
Die Entwicklung von Kurz-Kursen bedeutet noch lange keine Entwicklung von Qualit?t in der Arbeit und damit die F?higkeit der Entwicklung und Herstellung von Premium- Produkten. Noch k?nnen die derzeit diskutierten Konzepte von Bundesbildungsministerin Schavan gestoppt werden.
Der Warnschuss der Wirtschaftsverb?nde zum "Berufsbildungs-PISA"
Die Wirtschaftsverb?nde haben ein deutliches Nein zum bisher vorgelegten "Berufsbildungs-PISA" formuliert. Vielleicht sollten die Tarifparteien, die Wirtschafts- und Bildungspolitiker die vorgelegten europ?ischen Konzepte mit dem betrieblichen Lernen vergleichen und welchen Wert diese duale Berufsausbildung f?r Jugendliche, Betriebe und die derzeitige Produktivit?tsentwicklung in der Wirtschaft hat. Fast 50 Prozent der Industrieproduktion in Europa kommt derzeit aus Deutschland, der gr??te Teil des deutschen Exports kommt ebenfalls aus der Industrieproduktion, oder einer mit der Industrieproduktion verbundenen Dienstleistung ? dies sollte doch Beweis genug sein, f?r den weiteren Erhalt der dualen Berufsausbildung in Deutschland zu k?mpfen. Noch ist es m?glich, die duale Berufsausbildung in Deutschland zu erhalten ? allerdings muss die Anstrengung der zust?ndigen Bundes- und Landespolitiker erheblich verst?rkt werden. Die Strategen einer Aufl?sung der dualen Berufsausbildung in Deutschland werden sich nicht einfach geschlagen geben, da muss sicher mehr als nur ein Machtwort gesprochen werden, auch Betriebsr?te und Chefs vieler Unternehmen sollten sich in der ?ffentlichkeit und direkt bei der Politik zu Wort melden.
copyright Gerhard Endres, 22.9.07
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